Demokraten sind nur die mit Auto

Klimakleber, also Leute, die Autos am Fahren hindern, sind eine Gefahr. Sie nehmen uns unsere Freiheit. Darüber sind sich die deutschen Autofreaks schon lange einig. Und jetzt haben sich die Weltverbesserer (schlimm, die Welt verbessern zu wollen …), logo, auch als Demokratiefeinde geoutet: keine gewählten Parlamente mehr! (stattdessen ausgeloste Abgeordnete). Wir haben es ja schon immer gewusst!

Wer ist Demokrat*in? Wer unsere bequemen Gewohnheiten stört, auch wenn sie noch so schädlich für unsere Gemeinschaft und die Zukunft unserer Kinder sind, kann es schon mal nicht sein. Geloste statt gewählte Abgeordnete, tja, diese Idee ist aber so alt wie die Demokratie selbst, sie ist sogar mit ihrer Entstehung untrennbar verbunden. Denn das Athener Parlament der Antike, die Wiege des demokratischen Systems, bestand aus gelosten Vertretern, nicht aus gewählten.

Warum? Weil man das hemmungslose Buhlen um Unterstützung und weil man die Möglichkeit zu Korruption voraussah und so gering wie möglich halten wollte. Für eine begrenzte Zeit vertraten Abgeordnete (männlich, mit Bürgerstatus) die Allgemeinheit, die sich kein Lobby-Umfeld aufbauen oder langfristig Einfluss sichern und Macht anhäufen konnten. Dinge, die in unseren heutigen Parlamenten quasi dazugehören und immer mühsam unter Kontrolle gehalten werden müssen – da besser und dort schlechter.

Die Parteiendemokratie ist nicht die einzige Möglichkeit, das demokratische System ist, auch wenn es zwangsläufig aus dem Bestehen und Befolgen von Menschen- und Bürgerrechten folgt, niemals perfekt (weil es so etwas nicht gibt). Das haben auch die Deutschen schon begriffen und neben den sowieso immer laufenden Reformbemühungen schon vor geraumer Zeit, Achtung: geloste „Bürgerräte“ aufgebaut, auf regionaler wie auf nationaler Ebene.

Sie sind als Ideengeber, als Ergänzung zum Prozess der repräsentativen Gesetzgebung im gewählten Parlament gedacht und nicht nur in Deutschland zunehmend in Funktion. Antidemokratisch, wer das beschlossen hat! Bloß: Das waren, nun ja, wir. Und natürlich ist so ein Gremium, auch weil es keine exekutive oder legislative Macht hat, nicht gegen die Demokratie, sondern kann sie stärken, durch Beteiligung vieler Schichten, Gemeinsamkeit, neue Perspektiven im politischen Prozess.

Das Problem an so einem Bürgerrat: Die Autoindustrie (das sind die, die auf die Politik und Gesellschaft immer schon (oft illegalen) Druck ausüben, sich jahrzehntelang gegen klima- und umweltfreundlichere Autos und Konzepte zur Wehr gesetzt und uns viel von dem monströsen Schlamassel eingebrockt haben, der auf uns alle zukommt, und alle drumherum, wie die Metallindustrie und -gewerkschaften, Bahnkaputtsparmanager uvm.) hat mit ihrer hochbezahlten, rücksichtslosen, von Generationen deutscher Verkehrspolitiker verwöhnten, beinahe allgegenwärtigen Lobby dort keinen Einfluss mehr. So eine Idee kann in Deutschland nur staatsgefährdend sein.

Und wir, wir spucken denen, die verzweifelte Klimaschützer*innen schamlos verleumden, nicht mal vor die Füße. Oder?

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