Schau doch, da ist nichts.

Eine Einladung zur Salonage „Männerart – alte und neue Männerbilder“ von Isobel Markus am 18. November dieses Jahres in der Lettrétage/Studio acud gab den Anstoß, meinen Essay „Mein Werwolf“ auch in voller Länge und in Buchform dorthin mitzubringen. Ohne lange Planung und in kurzer Frist veröffentlichen heißt: selbst veröffentlichen. Das Booklet erscheint heute im Handel.

Über seinen langjährigen geheimen Begleiter und die Ursachen und Umstände von dessen Existenz wollte der Autor Michael Wäser schon oft schreiben. Doch erst nach der Fertigstellung seines dunklen „Heimat-Romans“ Das Wunder von Runxendorf schienen alle Teile am rechten Platz. „Mein Werwolf“ ist ein sehr persönlicher und zugleich ins Historische ausgreifender Essay.

Über mich selbst habe ich bisher noch nie explizit in Prosa geschrieben. Dass ich nun, zwar keine Erzählprosa, aber einen Prosa-Essay über ein sehr privates Geheimnis veröffentlicht habe (der Blogartikel ist schon einige Monate online), liegt daran, dass ich nach vielen Jahren und etlichen Fehlversuchen endlich ohne Gestammel Zusammenhänge beschreiben konnte, die über das Private hinaus von Bedeutung sind. Warum ging das erst jetzt, mit bald 60 Jahren, lange nach den beschriebenen Umständen? Manche Landschaften überblickt man wohl erst, wenn man länger durch die Täler, Ebenen und Anhöhen gewandert ist.

Drei Auszüge:
„Der „Werwolf“ gehört mit seiner Bauerntracht offensichtlich zum Gehöft und nicht zu der herrschaftlichen Burg, die weit im Hintergrund auf einem Hügel thront. Er gehört zum Hof, vermutlich ist er der Patriarch. Und er hat alle Hofbewohner und Familienmitglieder auf dem Gewissen, ob durch körperliche oder seelische Zertrümmerung. Betrachte ich dieses Bild, sehe ich meinen Vater.“

„Ich verliebte mich, unglücklich, hatte Beziehungen, unglücklich, unstet, unentschieden, unfrei, belastend, für beide. Und der Werwolf stand drohend im Türrahmen, so groß und kräftig wie nie, seine dunkle Silhouette reichte schon. Alles bloß Fantasie, alles nur Einbildung, sagte ich mir, schau doch, da ist nichts.“

„Ich weiß nicht mehr, durch wen oder was ich damals auf Theweleits „Männerphantasien“ aufmerksam wurde. Jedenfalls erstand ich die beiden Bände, und zum ersten Mal bekam ich überzeugende Antworten auf quälende Fragen meines Lebens – aus einem Buch über Faschisten.“

Mein Werwolf, Essay, Booklet, 40 Seiten, ISBN 9783756209576, 6 Euro
Am 18.11. um 19.30 Uhr zur Salonage in der Lettrétage/acud. (Weitere Gäste: Klaus Ungerer und Andreas Baum / edition schelf_ Lesung aus ihren aktuellen Novellen „Wir sagen einfach alles, wovor wir Angst haben“ sowie „Falken klauen“, Björn Kuhligk_ Auszug aus seinem neuen Roman „Der Landvermesser“, Daniel Boente_Collagen und Prosaminiaturen, Ostberlin Androgyn Gregor Easy & KO aka Kanye Ost _Poetry Slam)

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