Raum, den wir haben

„In Zeiten der Finsternis“, Konzert und Lesung bei „Kunst & Diskurs“ am 31. Juli 2022 in Lübars

Taras Schewtschenko, Kateryna Olia; 1842

Am Sonntag Nachmittag kam der Krieg ins idyllische Lübars. Aber nein. Er war ja schon längst da. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ist er allgegenwärtig, in den Medien, in den Häusern, in den Köpfen. Gestern übernahmen wir nur ein wenig mehr die Initiative, indem wir uns die „Zeiten der Finsternis“ etwas genauer anschauten, genauer – und allgemeiner zugleich. Denn vom Ukrainekrieg dieser Tage wussten weder die Komponisten der Klavierstücke, die zu hören waren, noch ich, als ich vor rund zehn Jahren „Salvatore“ schrieb. Den Krieg aber kannten wir alle, die sich um den Konzertflügel versammelt hatten, natürlich auf die eine oder andere Weise, wohl nicht als Teilnehmende, aber als Betroffene, wie auch immer. Die Reihe „Kunst und Diskurs“ von Annette Weweler belässt es dankenswerterweise nicht beim „Kunstgenuss“, sondern lädt anschließend zur Diskussion. Natalia Nikolaeva, die eine erstaunliche Auswahl von Klavierstücken präsentierte – und ebenso erstaunlich spielte – und ich mit den fünf „Soldatenkapiteln“ aus dem Salvatore-Roman mussten uns nach der Konzert-Lesung erst mal sammeln und Luft schöpfen, aber die Zuhörenden waren, wie wir dann bemerkten, kaum weniger mitgenommen. Das Thema, der Blick in finstere Abgründe, die jeder Krieg mit sich bringt, hatte alle angefasst, die zur Diskussion geblieben waren.

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Mein Werwolf. Lesen einer Fährte

Ein Essay über Angst, Männer und die zerstörerische Kraft des Verschweigens (Auszug)

Dies ist ein recht langer Essay. Ich empfehle, möglichst die „Leseansicht“ Ihres Browsers zu verwenden.

Ein US-Straßenkreuzer fährt nachts eine Tankstelle an. Während sich das schaukelnde 70er-Jahre-Ungetüm der Zapfsäule nähert, wird auf dem Dach der Limousine kauernd eine Gestalt erkennbar. Es ist ein Wesen mit menschlichem Körper in einem Smoking, aber mit behaarten Füßen, Klauen und einem gänzlich behaarten Wolfsgesicht mit mörderischen Fangzähnen. Es wartet ab, bis die Fahrerin des Wagens aussteigt und stürzt sich dann, als sie es bemerkt und schreiend im Tankwarthäuschen Schutz suchen will, auf sie. Schnitt.

Der Film „Der Werwolf von Washington“ von 1973 wurde am 4. Mai 1977 im Deutschen Fernsehen im Spätprogramm gesendet und ist ein eher untypisches Beispiel für das kritische, politische, junge US-Kino der damaligen Epoche. Und er machte mir, dem es irgendwie passiert war, viel zu spät in genau dieser Mittwochnacht vor dem einzigen Fernsehgerät im Haus zu sitzen, ein unbeabsichtigtes Geschenk. Er schenkte mir die Angstfigur, die augenblicklich alle bisherigen aus meiner Psyche verjagte und für die nächsten fast dreißig Jahre die Herrschaft über meine Amygdala, mein neuronales Angstzentrum, übernahm und weit, sehr weit darüber hinaus.

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Vom Krieg und von der Liebe (short version)

Ab 24.09. als Paperback & eBook

Mein neuer Roman ist bald im Handel. (Kaufen Sie ihn!) Die Basics zum Roman und seiner Entstehung (Zur LONG VERSION des Beitrags.):

  • Der Krieg ist ein „frozen conflict“ der extravaganten Sorte.
  • Die Liebe trifft einen schweigsamen Eigenbrötler und eine Widerstandskämpferin.
  • Mein Entwurf erhielt ein Stipendium des Deutschen Literaturfonds.
  • Als das Manuskript fertig war, löste sich mein bisheriger Verlag auf.
  • Agenturen sagten über das Manuskript Dinge wie: „… sprachlich und dramaturgisch über jeden Zweifel erhaben und zudem mit einem großartigen Humor durchsetzt“ und „… entwickelt einen enormen Sog.“

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Vom Krieg und von der Liebe (long version)

Ab 24. 9. als E-Book und Paperback

Mein neuer Roman ist bald da. (Kaufen Sie ihn!) Schon bei seiner Entstehung erhielt er eine besondere Auszeichnung. Weshalb er trotzdem per „self-publishing“ und nicht in einem Verlag herauskommt? Ich bin Schriftsteller, also erzähle ich’s Ihnen:

Noch bevor mein Debütroman „Familie Fisch macht Urlaub“ in einem kleinen Münchner Verlag erschien, dachte ich über das nächste Projekt nach. Da ich nicht zu den Autoren gehöre, die in einem Jahr drei Romane schreiben, sondern eher umgekehrt, ist das keine unbedeutende Frage. Mehrere Ideen hatte ich vorgemerkt. Ich wählte die Geschichte eines Einzelgängers, der mitten im Krieg berühmt wird und sich verliebt. Der Krieg, um den es geht, ist ein „frozen conflict“ der extravaganten Sorte. Schauplatz ist ein fiktives Land voller Fanatiker, das Setting etwas retro und etwas utopisch, der Ton ebenso satirisch wie ernst. Weiterlesen

Mein neuer Roman erscheint am 24. September

eine Groteske über den Krieg, ein Thriller, eine Liebesgeschichte. Ihr Held ist ein Simplicissimus auf dem Motorroller.

Paperback und eBook erhältlich ab 24. September


„Gestatten Sie?“, fragte er, und als sie nichts als ein weiteres Blinzeln zustande brachte, setzte er sich neben sie auf die feuchte, schwer versehrte Wiese. Er schaute sie eine Weile aufmerksam an, sie sah von seinem Gesicht nur den Ausschnitt, den seine Tauchkapuze offen ließ, wie in einem ovalen Bilderrahmen, der viel zu klein war für das Foto darin. Dann fielen ihr die Augen zu. Ihr Kopf sank auf ihre Arme, die sie um ihre Knie geschlungen hatte, sie kippte schlafend zur Seite, aber nur ein wenig, denn dort saß Salvatore, der sie stützte. So saßen sie, bis Vera irgendwann erwachte, und noch immer war kein Reporter zu sehen.
„Hab ich etwa geschlafen?“
„Ja.“
„Wie lange?“
„Es ist jetzt Nachmittag.“
„Warum bist du hiergeblieben?“
„Du weißt, wer ich bin, oder?“
„Du bist der Irre, dem ganz Bovnik hinterherrennt.“
„Und du hast nicht ein einziges Mal gelächelt.“
„Und das verletzt deinen Stolz.“
„Magst du mit mir einen Ausflug auf meinem Motorroller machen?“
„Wir müssen aber um acht wieder zurück sein.“
„Wir sind um acht wieder zurück.“


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[Meldung]: Der neue Roman jetzt auf der Startrampe

Liebe LeserInnen,

Jetzt ist es offiziell und öffentlich: Der Deutsche Literaturfonds hat mir für die Arbeit an meinem neuen Roman ein Stipendium zuerkannt. Diese große Ehre ist für mich eine echte Bestätigung und auch Ansporn und Verpflichtung (Man sehe sich nur mal die Liste der bisherigen Stipendiaten an!)  Und außerdem freue ich mich tierisch auf die Arbeit, dir vor mir liegt!

Um nicht ganz unkonkret zu bleiben: Mein neuer Roman handelt vom Krieg, vom Widerstand, von einer sehr schwierigen Liebe und von einem Krebs. Unter anderem.

In etwa einem Jahr ist er vielleicht fertig, der Roman, und Sie können ihn lesen.

Bis zum nächsten Mal

Ihr M. Wäser